00:00:00: * Musik *
00:00:25: Dresden in echt mit Magnus Hecht.
00:00:30: Ein Podcast über Menschen und die Stadt.
00:00:35: Jetzt läuft es.
00:00:44: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Dresden in echt mit Magnus Hecht
00:00:49: und heute mit Nazanin Sandi.
00:00:52: Grüß dich. - Hallo, grüß dich.
00:00:55: Da fängt es ja schon an.
00:00:57: Ich hab dich gerade gefragt, wie man deinen Namen so richtig ausspricht.
00:01:01: Und da gibt es auch zwei unterschiedliche, also so, wie man es hier macht.
00:01:06: Und wie es eigentlich gehört.
00:01:08: Vielleicht sagst du deinen Namen selber nochmal,
00:01:10: dass wir so ein bisschen hören können, was dahinter steckt eigentlich.
00:01:14: Auf Persich gibt es ein Buchstabe, was zwischen A und O ist.
00:01:19: Ein bisschen wie auf Sächsisch.
00:01:21: Mein Vorname, wenn es richtig ausgesprochen wird, heißt "Nazanin".
00:01:26: Also auch mit dieser Betonung auf der letzten Silbe.
00:01:30: Und mein Nachname heißt "Sandi".
00:01:33: Also "Sandi".
00:01:34: "Nazanin Sandi".
00:01:36: Ja, das hört sich gleich. - Kannst du das sagen?
00:01:39: Genau.
00:01:40: Also in einem deutschen Satz finde ich es immer komisch, so was einzubauen.
00:01:46: In diesem Satz werde ich hier in Deutschland, aber auch in Italien, Nazanin, Sandi genannt.
00:01:53: Und was bedeutet der Name?
00:01:55: Mein Vornamen.
00:01:57: Also persische Vornamen, vor allem für Frauen, haben eine Bedeutung.
00:02:02: Und die Bedeutungen sind immer sehr poetisch oder sehr bildlich.
00:02:07: Und mein Vorname heißt mehrere Sachen.
00:02:11: Also einer ist eine schöne Seele.
00:02:13: Und das andere ist eine anmutige Person.
00:02:17: Eine Grazie.
00:02:18: Also "Nazanin" heißt "Grazie".
00:02:20: Genau, oder "anmutig".
00:02:22: Wunderbar.
00:02:23: Ja, da trägt man schon viel Verantwortung.
00:02:25: Ja.
00:02:26: Auch als Eltern, die geben das einem ja mit, sozusagen.
00:02:29: Genau, genau.
00:02:30: Da ist das Leben schon ein bisschen vorgezeichnet.
00:02:33: Du und dein Nachname?
00:02:35: Der Nachname.
00:02:36: Also da fragst du mich schon und dann merkt man schon ein bisschen die Kompliziertheit meines Lebens.
00:02:42: Also ich habe drei Nachnamen.
00:02:45: Also die Nachnamen meines Vaters im Iran, "Sandi Goharizi".
00:02:50: Und "Sandi" hat keine Bedeutung, aber "Goharizi" heißt derjenige, der Juwelen auf dem Boden schmeißt.
00:02:58: Also wer weiß, was meine Familie früher gemacht hat.
00:03:03: Genau.
00:03:04: Und dann habe ich noch einen deutschen Nachname, nämlich "Lehmann".
00:03:08: Also ich heiße "Nasanin Sandi Lehmann" in Deutschland.
00:03:12: Wow, das steht auf deinem...
00:03:14: Auf meinem Pass mit Bindestrich.
00:03:16: Das ist eine sehr lange Geschichte.
00:03:18: Ja, da stecken wir ja schon mittendrin.
00:03:21: Kann man das überhaupt dann so erzählen, woher du kommst?
00:03:27: Kannst du das mal zusammenfassen?
00:03:30: Also ich bin eigentlich 100%ig Perserin.
00:03:33: Also aus dem Iran, ich bin in eine relativ große Stadt geboren.
00:03:38: Also sind Millionen Menschen, die dort leben.
00:03:40: Das heißt "Kermann", also "Kermann" im Südosten des Iranes.
00:03:45: Also dort bin ich geboren, aber ich bin relativ früh.
00:03:49: Also ich war zweieinhalb mit meiner Mama, die die Scheidung eingereicht hat im Iran.
00:03:54: Bin ich nach Italien, gezogen nach Florenz.
00:03:58: Und dort bin ich aufgewachsen.
00:04:00: Und die erste Klasse habe ich wieder in den Iran gemacht.
00:04:03: Meine Mama hat die Revolution im Iran mitgemacht.
00:04:05: Das war 1979.
00:04:07: Und als es aber ein bisschen anfing, schiefzulaufen mit Rumeni,
00:04:13: hat sie gesagt, nee, sie will nicht im Iran leben.
00:04:16: Und hat sie mich wieder nach Florenz gebracht.
00:04:18: Also ich bin dann im Florenz aufgewachsen.
00:04:20: Ah, wie schön.
00:04:22: Also die zwei Herkünfte erstmal, die ich habe.
00:04:26: Und dann hast du sozusagen ja auch in der Schule dann italienisch ganz normal.
00:04:33: Also es ist ein bisschen chaotisch gewesen, weil ich habe persisch gelernt,
00:04:37: dann italienisch gelernt, komplett persisch vergessen.
00:04:41: Dann habe ich wieder persisch gelernt und komplett italienisch vergessen in der erste Klasse.
00:04:45: Und als ich dann wieder in Florenz war, habe ich komplett wieder persisch vergessen.
00:04:50: Und italienisch wieder gelernt mit sechs, sieben Jahren.
00:04:55: Und meine persische Kenntnisse sind jetzt in den letzten Jahren eindeutig besser
00:05:00: durch die ganze Arbeit mit Geflüchteten.
00:05:03: Also ich habe auch ein bisschen persisch gelernt,
00:05:06: mit der Mutter, eine sehr, sehr gute Freundin aus Dresden,
00:05:11: aber ja viel, viel Potenzial durch Geflüchtetenarbeit.
00:05:16: Aber ich lese und schreibe persisch wie ein kleines Kind tatsächlich.
00:05:21: Das ist immer noch nicht so gut.
00:05:24: Wie hat es sich denn dann nach Dresden geschlagen, verschlagen?
00:05:30: Oh, da sind ein paar Sachen dazwischen passiert.
00:05:33: Also ich bin im Florenz aufgewachsen, ich habe dort meine Schule gemacht.
00:05:38: Und ich bin mit einem deutschen Adoptivvater groß geworden.
00:05:45: Also der berühmte Herr Lehmann.
00:05:48: Daher kommt mein zweiter deutsche Nachname.
00:05:51: Und 1989 tatsächlich, also es ist auch für Deutschland ein wichtiges Datum.
00:06:00: 1989 bin ich mit meinen Eltern nach Paris gezogen.
00:06:05: Also mein Vater hat dort eine sehr, sehr gute Stelle bekommen.
00:06:08: Und dort habe ich Architektur studiert.
00:06:13: Also italienischer Bach, eine Schule, italienische Schule gemacht.
00:06:18: Wie heißt das? Abitur gemacht auf italienisch, dann Architektur studiert.
00:06:28: Und als ich dort war in dem Vorstudium, im Vordiplom hat man gesagt,
00:06:38: dass es ein sehr schönes Austauschprogramm Paris Dresden gibt.
00:06:42: Das war 1994.
00:06:45: Und ich bin für eine Woche nach Dresden gekommen.
00:06:49: Und die deutsche Studenten aus Dresden sind eine Woche nach Paris gekommen.
00:06:54: Und es war gleich bei den ersten Sekunden irgendwie so,
00:07:01: dass ich mich total wohlgefühlt habe mit den Studenten, die da waren.
00:07:05: Und vor allem mit einer sehr, sehr gute Freundin bis heute.
00:07:09: Und wir haben gegenseitig, also jeder bei der anderen Person übernachtet.
00:07:16: Und dann, als ich nach Dresden gekommen bin, bin ich komplett mit offenen Armen empfangen worden.
00:07:22: Ein bisschen anders als in Paris.
00:07:24: Also in Paris war alles sehr, auch sehr verschlossen sozusagen.
00:07:28: Also man sagt tatsächlich, dass die Leute in Paris ein bisschen hochnäsig sind,
00:07:33: ein bisschen abstandsvoll.
00:07:35: Und das war auch meine Erfahrung.
00:07:37: Und in Dresden war das, ich glaube, März oder April 1994.
00:07:43: Also es sind genau jetzt 30 Jahre.
00:07:46: Gleich eine tolle Stimmung.
00:07:48: Und mich hat die Stadt total fasziniert mit ihren kaputten Häusern.
00:07:54: Und dann habe ich mich sehr schnell entschieden,
00:07:59: dass ich ein Austauschprogramm machen möchte für sechs Monate nach Dresden.
00:08:04: Und bin 1996 ergezogen für sechs Monate.
00:08:09: Das war eigentlich der Gedanke dahinter.
00:08:12: Nur sechs Monate.
00:08:14: Und konntest du da schon Deutsch?
00:08:16: Nein, ich konnte kein... also 94 konnte ich nur guten Tag und gute Nacht, glaube ich.
00:08:22: Also mit meinem deutschen Adoptivvater habe ich italienisch gesprochen.
00:08:27: Und ich hatte immer wieder ein bisschen Deutsch gehört,
00:08:30: um ein Haus auf dem Land zu haben, wo sehr viele seine Freunde zu Besuch gekommen sind.
00:08:34: Aber ich habe nie Deutsch gesprochen.
00:08:37: Und ich bin tatsächlich erstmal nach Berlin 1994 ein Monat und habe ein Intensivkurs Deutsch gemacht.
00:08:46: Ja, und meine erste Monate in Dresden, als ich hier hergezogen bin,
00:08:50: waren schon sehr schwierig mit der Sprache, muss ich sagen.
00:08:53: Und hat es dir dann immer noch gut gefallen?
00:08:55: Es hat mir total gut gefallen.
00:08:57: Also es war tatsächlich... die Stadt war sehr faszinierend für mich,
00:09:02: weil wir... also es gab diese bestimmte Anteil an Abenteuer, was mir sehr gefallen hat.
00:09:09: Also Häuser, die besetzt sind, wo wir gelebt haben.
00:09:15: Und Ruinen, wo ich immer wieder reingegangen bin mit Freunden.
00:09:20: Und wir hatten keine... wir hatten kein Badezimmer.
00:09:24: Wir hatten keine... also nur Toilette, Außentoilette, auf halbe Höhe im Treppenhaus.
00:09:30: Und dieses... dieses... kein Badezimmer haben zum Beispiel war das für mich total schön.
00:09:37: Wir sind im Nordbad gegangen und haben, ich glaube, damals für fünf Mark, oder genau,
00:09:43: zwei Mark, 50, eine Dusche und fünf Mark eine Badewanne.
00:09:47: Und dann gab es einen kleinen Kaffee davor.
00:09:50: Und dann konnte man echt mit vielen Leuten irgendwie in Kontakt kommen.
00:09:54: Also die Stadt war sehr, sag ich so sehr, für mich sehr offen und sehr neugierig auf mich.
00:10:02: Was in Paris überhaupt nicht der Fall ist.
00:10:04: Also kein Mensch schaut dich an, keine fragt dich, woher du kommst und was du machst.
00:10:08: In Paris, also du verschwindest in der Masse und in Dresden war es genau das Gegenteil.
00:10:14: Also waren sehr, sehr viele Menschen, die... die es total spannend fanden, dass ich aus einer anderen Ecke komme
00:10:22: und dass ich die Sprache noch nicht kann. Also es waren sehr schöne... es waren sehr, sehr schöne Jahre.
00:10:26: Und wartet, hat es auf dich dann kleingewirkt, Dresden, und die Neustadt, weil du ja aus Paris gabs
00:10:33: und aus Florenz und deiner Stadt im Iran ist ja auch so groß gewesen?
00:10:38: Nein, also ich fand das von der Große genau richtig, weil es sehr ähnlich zu Florenz ist.
00:10:45: Und ich mag diese... also ich mag keine große Städte.
00:10:48: Ich bin tatsächlich nicht für Metropolen gemacht, glaube ich.
00:10:51: Paris war mir ja schon zu überwältigend.
00:10:54: Und die Größe in Dresden fand ich super und ein Pluspunkt im Vergleich zu Florenz.
00:11:01: Es hat bis heute eine sehr, sehr gute zeitliche Qualität, Dresden.
00:11:07: Also man ist fast nie im Stau. Man hat einen Riesenfluss mit grüner Wiesendrum herum.
00:11:16: Also es ist nicht so steinern, sondern sehr grün.
00:11:19: Und man ist sozusagen von der Stadt nicht überfordert.
00:11:24: Also Paris kann überfordern zum Beispiel.
00:11:26: Ja, unbedingt.
00:11:27: Ich habe drei Stunden unter der Erde verbracht jeden Tag, weil ich von A nach B mit der RRF gefahren bin.
00:11:33: Und das ist immer unterirdisch.
00:11:35: Einundhalb Stunden hin, eineinhalb Stunden zurück.
00:11:38: Und Dresden hat diese Besonderheit, finde ich, dass es ein sehr guter Lebensritmus drin ist.
00:11:46: Ja.
00:11:47: Also man ist relativ schnell überall.
00:11:50: Und man sitzt nicht lange in irgendwelchem Stau, auch nicht in der Straße, immer nicht im Auto.
00:11:56: Nein, es ist...
00:11:57: Es hat natürlich auch...
00:11:58: Das glauben einem viele Leute nicht hier.
00:12:00: Zum Beispiel, die hier kennen, die sagen, hier ist es furchtbar und so weiter.
00:12:03: Aber gerade das Stau kann ich als Stuttgarter auch bestätigen.
00:12:08: Auch in Italien.
00:12:10: Ja.
00:12:11: Ich bin lange in Catania.
00:12:12: Meine Mama hat ein Jahr in Catania gelebt.
00:12:14: Und da sitzt man ganz normal.
00:12:16: Es ist üblich, dass man jeden Tag ganz lange im Stau mit dem Auto sitzt, wenn man zum Beispiel das Kind aus dem Kindergarten abholen möchte.
00:12:25: Und hier hatte ich meinen Kindergarten zwei Minuten Gefuß.
00:12:29: Das ist gerade in der Neustadt noch.
00:12:31: Kann man viel mit den Füßen erledigen?
00:12:34: Mit den Füßen erledigen, genau.
00:12:35: Man hat zu viel, man kommt schon gar nicht mehr raus.
00:12:38: Das ist nicht mein Fall.
00:12:40: Das ist auch eine Besonderheit, die ich sehr mag an dem Beruf, den ich mache.
00:12:44: Ich bin nie in meiner eigenen Blase in der Neustadt.
00:12:48: Also ich bin jede Woche mindestens vier, fünf Mal irgendwo außerhalb Dresden, sogar mittlerweile.
00:12:54: Aber bevor wir darauf eingehen auf deinen Beruf,
00:12:58: wollte ich noch fragen, was gefällt dir denn nicht an dieser Stadt, in der du nun offensichtlich gelandet bist?
00:13:04: Ja.
00:13:05: Also ich habe nicht alles erzählt, was mir gefällt.
00:13:09: Also auf jeden Fall dieses Rhythmus, dieses Grüne gefällt mir sehr.
00:13:13: Dass Menschen sehr offen und neugierig sind, das finde ich immer noch sehr schön hier.
00:13:21: Was mir eindeutig an der Stadt nicht gefällt und leider dieses Nichtgefallen wird auch immer größer mit dem Alter.
00:13:29: Also ich merke, dass ich es immer weniger ertrage, ist dieses Jammern, also diese schlechte Laune, die man sehr oft auf der Straße erlebt.
00:13:40: Und natürlich auch andersseits, also es ist widersprüchlich, was ich jetzt gerade sage,
00:13:46: aber andersseits auch die Verschlossenheit von ganz vielen Menschen.
00:13:49: Also es gibt ganz viele offene, neugierige Menschen, aber es gibt eine große Menge Menschen,
00:13:54: die mit extrem viele Vorurteile und sehr viel Verschlossenheit schon extrem krimik daherkommen.
00:14:03: Und kann es sein, dass dieses Jammern dann wie eine besondere Form der Kommunikation ist,
00:14:08: dass die sozusagen eigentlich verschlossen wären, aber wenn sie sich was trauen,
00:14:13: dann jammern sie erst mal auch meistens sozusagen meiner Meinung nach über, ich würde jetzt nicht in Abrede stellen,
00:14:20: aber teilweise über gar nicht so große Probleme wie eben die nicht im Vergleich nicht vorhandenen Staus.
00:14:27: Das ist hier ein Riesenthema.
00:14:29: Ich weiß es nicht. Ich bin immer wieder negativ fasziniert von der Tatsache,
00:14:40: dass man hier kostenlos jammert. Also ein bisschen sinnlos.
00:14:47: Ich merke es vor allem mit meinem Vergleich, wenn ich zum Beispiel nach Italien reise
00:14:52: und ich reise relativ oft nach Italien und ich merke, wie gerne Menschen miteinander reden,
00:14:58: die sich nicht kennen, die Italiener auf der Straße.
00:15:01: Man kommt mit allen in Kontakt und man redet mit allen Menschen.
00:15:04: Und hier merke ich, dass es sehr oft so ist, dass erst mal einem mit schlechter Laune konfrontiert wird sozusagen.
00:15:14: Und das aber total sinnlos.
00:15:17: Also so, oder sagen wir so...
00:15:19: Unkonstruktiv.
00:15:20: Ja genau, in Momente, die man gar nicht bräuchte, also für Situationen, die man gar nicht bräuchte.
00:15:26: Also man könnte eigentlich sich gegenseitig mit guter Laune anstecken in diese Stadt.
00:15:31: Viele haben es nicht verstanden, dass es ansteckend ist, gute Laune zu haben.
00:15:37: Und hier wird sehr oft schlechte Laune angesteckt.
00:15:42: Ja, das ist eine schöne Diskrepanz zwischen diesem Rhythmus, den ich auch so empfinde, den der Fluss hier reinbringt
00:15:50: und der eigentlich entschleunigt. Man ist überall ganz schnell auch in der Natur, auch im Ausland,
00:15:56: wenn man Lust hat auf ein kleines Abenteuer, kann man mit dem Speisewagen nach Prag fahren.
00:16:02: Aber trotzdem gleichzeitig, dass die Leute, viele Leute, sagen wir Jammern dazu.
00:16:12: Also so einen Blick haben, der für andere gar nicht nachvollziehbar ist.
00:16:18: Nicht nachvollziehbar ist.
00:16:19: Es gibt mehrere solche Widersprüche, weil ich zum Beispiel sehr viel in Sachsen unterwegs bin.
00:16:24: Und ich finde diese Landschaften umdrehen herum wahnsinnig schön.
00:16:29: Ich bin jetzt auch die letzte Woche ganz oft mit dem Bus und mit dem Zug und denke, wie idyllisch diese Region ist,
00:16:36: wie wunderschön diese kleine Häuschen und immer diese Feuerwehr, kleine Seen in der Mitte.
00:16:44: Es sind keine Seen, es sind wie so Tumpel in der Mitte von den Städten.
00:16:48: Also ich mag das total, da sind irgendwie Schwene drin und um wie schlecht gelaunt und wie unlebendig trotzdem diese Orte sind.
00:16:57: Also es ist idyllisch und gleichzeitig sage ich so in Anführungsstrichen "Tot".
00:17:02: Es ist sehr widersprüchlich und das verstehe ich noch nicht.
00:17:05: Und versuche es auch mit meinen Projekten immer wieder so da durchzudringen, warum es so ist.
00:17:11: Weil was gibt es dort für eine geschichtliche Entwicklung, dass es so geworden ist?
00:17:16: Ja.
00:17:17: Und das sind wir jetzt ja aber doch langsam bei deinem Beruf.
00:17:21: Du machst Projekte, sagst du.
00:17:23: Du bist eine Künstlerin.
00:17:26: Ja, also darf man das so sagen.
00:17:28: Ja, ich würde sagen, ich bin eine Künstlerin.
00:17:30: Und was machst du für Kunst?
00:17:32: Was stellen wir uns da jetzt vor, wenn wir nur den Podcast hören und nichts in die Höhe heben können?
00:17:37: Ja, es ist auch eine Entwicklung gewesen.
00:17:43: Also ich habe schon seitdem ich fünf oder sechs Jahre alt bin, habe ich ganz, ganz viel gezeichnet.
00:17:50: Und habe mir eigentlich vorgestellt schon immer eine Künstlerin zu sein.
00:17:54: Also ich habe auch immer gesagt, ich möchte irgendwie eine Künstlerin werden.
00:17:59: Ich habe irgendwann einen Umweg gemacht über Architektur und auch über Dolmetschen übersetzen.
00:18:06: Also ich habe sehr, sehr viel als Dolmetscherin und Übersetzerin gearbeitet.
00:18:10: Und irgendwann hat es mich aber wieder zurückgebracht zu der Kunst.
00:18:16: Und die Entscheidungen habe ich tatsächlich 2011 getroffen, zur Nurkünstlerin zu sein.
00:18:22: Und davor habe ich aber schon immer gemalt und gezeichnet.
00:18:26: Also sehr, sehr viele, auch Leinwände, Ölfarbe, so ein bisschen das Klassische, was man kennt von Kunst.
00:18:33: Und irgendwann 2014/15, als ganz viele Geflüchtete hier waren und ich sieben Sprachensprecher,
00:18:44: habe ich dann angefangen, Projekte zu machen.
00:18:48: Und das war auch mit meiner Kollegin Elina Page.
00:18:51: Und wir haben sehr, sehr viele Projekte gehabt, die kreative Angebote hatten,
00:18:57: mit Geflüchteten, wo man auch diese ganze Sprachen einsetzen konnte.
00:19:02: Und seitdem hat eindeutig diese berufliche Weg irgendwie eine andere Richtung genommen,
00:19:09: weil ich praktisch gar keine Zeit mehr habe, auf Leinwände zu malen.
00:19:13: Das würde ich sehr, sehr gerne wieder aufnehmen, aber ich kriege es nicht hin.
00:19:17: Und ich bin sehr viel unterwegs und habe Workshops, also ich leite Workshops zum Beispiel,
00:19:28: und habe das Thema Demokratie oder Respekt oder Antidiskriminierungsarbeit
00:19:37: oder wie man sich besser zuhört.
00:19:41: Und ich verwende aber Kunst, um mit den Menschen in Kontakt zu kommen.
00:19:46: Und vor allem Comics, weil Comics sozusagen für mich eine sehr schöne Kunstform sind,
00:19:53: um Dialog herzustellen.
00:19:55: Dadurch, dass diese Sprechblasen da sind und das alles reden kann,
00:19:59: also in einem Comic kann tatsächlich jeder Gegenstand irgendwie Leben bekommen.
00:20:05: Es ist eine perfekte Form, um Dialog mit anderen Menschen irgendwie zu haben.
00:20:11: Spannend. Und sagen wir früher, wenn ich Leinwand höre, da waren es eher Landschaften dann?
00:20:16: Nein, gar nicht.
00:20:18: Also wenn, man kann bei einem Podcast tatsächlich nicht zeigen,
00:20:22: aber wenn ich es dann erklären soll, ich male sehr viele surrealistische Bilder,
00:20:29: wo ganz viele Wesen ineinander sich gestalten.
00:20:37: Meistens male ich auch so, dass ich einen Stift oder einen Pencil in der Hand habe
00:20:42: und dann fange ich einfach an, ohne nachzudenken.
00:20:44: Und dann lasse ich mich einfach von dem Strich irgendwie führen.
00:20:48: Und dann kommen tatsächlich sehr surrealistische Sachen raus.
00:20:53: Dadurch, dass ich es in den letzten Jahren nicht mehr so oft mache,
00:20:57: habe ich auch ein bisschen Kreativität verloren, merke ich.
00:21:00: Also es ist tatsächlich auch eine Übung, irgendwie einen Stift in der Hand zu haben
00:21:05: und einfach sich leiten zu lassen.
00:21:07: Und das auch spontan abrufen zu können?
00:21:09: Ja, spontan.
00:21:10: Sozusagen jetzt haben wir zwei Stunden Zeit, jetzt muss auch mal was passieren.
00:21:15: Oder fünf Minuten nur manchmal?
00:21:17: Ja, ich hatte früher, also ich habe früher sehr, sehr oft zum Beispiel Sätze aus Bücher
00:21:24: oder Sätze aus Filme in Bildern umgewandelt.
00:21:28: Also einen Satz, was mich total berührt und dann wird ein surrealistisches Bild daraus.
00:21:35: Das war früher mein Stil.
00:21:37: Und heutzutage, durch diese Projekte, habe ich einfach immer weniger Zeit,
00:21:41: so was zu machen.
00:21:42: Das ist ja wahrscheinlich auch eine Finanzierungsfrage, oder?
00:21:47: von Kunst leben zu können, ist wahrscheinlich schwieriger. Oder sagen wir mal auch abstrakter als von
00:21:54: ebenso Projektarbeit zu leben, wo man weiß, man kriegt einen Honorar oder es ist Planbarer, oder?
00:22:00: Ja, also es ist glaube ich immer wieder sehr unterschiedlich. Ich kenne auch Künstler, die
00:22:08: irgendwie Bilder malen, also auch gute Freunde oder enge Freunde, die Bilder malen und sie für
00:22:13: 20.000 Euro verkaufen oder 40.000 Euro und dann länger davon leben können. Die sind einfach berühmt
00:22:21: oder bekannt und dann sind sie in eine bestimmte sozusagen Blase auch angekommen, wo sie auch von
00:22:30: diesem Malen auf Leinwand leben können. Auch in bestimmten Galerien. Genau, ich habe eine sehr alte
00:22:38: Freundin, die ich seit lange kenne, sie ist aus der Leipziger Schule und hat auch in Florenz
00:22:43: gelebt, Verena Landau und sie ist einfach total berühmt und hat ihre Bilder in Galerien. Das war
00:22:50: ganz lange ein Traum von mir und es hat nicht unbedingt funktioniert. Also ich hatte ganz viele
00:22:56: Ausstellungen, wo alle Bilder verkauft wurden, aber man kann trotzdem davon nicht leben. Also wenn
00:23:01: man dann für 200 Euro für ein Bild oder 300 Euro für ein kleines Bild oder eine kleine Zeichnung
00:23:09: irgendwie nimmt. Und diese Projekte, die wir hatten in den letzten Jahren, sind für mich finanziell
00:23:16: eine Katastrophe gewesen, muss ich ehrlich sagen. Also es ist aber, es ist irgendwas, was planbarer
00:23:22: ist, wie du sagst. Also es ist sehr, sehr schwierig in den letzten Jahren von diesen Projekten zu leben.
00:23:28: Sei es, weil wir uns nicht gut ausgehen, wie man das gut machen soll. Oder weil wir als Künstlerinnen
00:23:38: einfach nicht gut sind, im Antriege schreiben und Sachberichte abzugeben, Excel-Tabellen
00:23:47: auszufüllen. Also wir haben einfach extrem viel Zeit rein investiert in diese parallelen Sachen,
00:23:54: die man eigentlich machen muss. Also man braucht als Künstler immer ein Manager, um davon gut zu
00:23:58: leben. Ja, ja, das kenne ich aus meinem Kulturmanagement Studium noch, das eigentlich euch der Rücken frei
00:24:04: gehalten werden soll, dass sich das Potenzial entfalten kann. Also ich habe, ich muss sagen, also ich
00:24:12: bekomme immer Bauschmerzen, wenn man irgendwie über die Finanzierung meine letzten Jahren irgendwie
00:24:17: spricht, weil es immer, also ausnahmslos immer kurz vom Burnout und immer zu wenig Geld dabei.
00:24:25: Und wie hoch war der Förderpreis, der Kunstförderpreis der Landeshauptstadt Dresden?
00:24:34: Der ist mit 5.000 Euro dotiert. Den hast du letztes Jahr. Den habe ich letzten Jahr bekommen, genau.
00:24:40: Und es ist auch eine wunderschöne Anerkennung, muss ich sagen. Also es ist auch für mich, wenn ich es
00:24:48: alle analysiert habe jetzt in den letzten Monaten, es ist fast mit meinen 50 Jahren, also mit meinen
00:24:54: fünzigste Geburtstag gekommen. Und dann habe ich gemerkt, also in Dezember hatte ich dann Geburtstag
00:24:59: und dann habe ich gemerkt, ich habe die letzte 50 Jahre meines Lebens fast, also sagen wir so 45
00:25:06: Jahren, seitdem ich 5 oder 6 Jahre alt bin, immer diesen Kampf im Kopf gehabt. Ich möchte bekannt
00:25:13: werden, ich möchte eine berühmte Künstlerin werden. Ich weiß nicht, ob viele Künstler so denken,
00:25:18: aber bei mir war es auf jeden Fall so. Und ich glaube, das ist auch bei ganz vielen anderen Künstlern.
00:25:22: Also malen, um irgendwie was zu werden, irgendjemand zu werden. Einfluss aus der Kunst sozusagen auch
00:25:33: die Gesellschaft zu gestalten. Und das ist letztes Jahr für mich ein sehr guter Punkt geworden mit
00:25:41: diesem Preis und mit meinem fünzigste Geburtstag, weil ich gemerkt habe, okay, jetzt reicht es mir.
00:25:46: Also ich möchte jetzt nicht noch weiter kämpfen, ich möchte nicht noch weiter an Erkennung haben,
00:25:53: es reicht, also ich muss jetzt nicht irgendwie eine international berühmte Künstlerin sein.
00:25:58: Man erkennt mich sehr oft, wenn ich auf der Straße laufe in Dresden. Ich hatte einen Moment,
00:26:04: wo ich, das war letzten, dann letzter Winter, wo ich dann auch mit dem Preis gemerkt habe,
00:26:10: ich laufe mit Kaputze auf dem Kopf, um nicht gesehen zu werden auf der Straße, wo ich dachte,
00:26:16: okay, dann ist ein bestimmter Punkt erreicht, wo ich nicht mehr möchte als das. Also es ist ein
00:26:21: bisschen absurd, weil man man ist nicht so wie eine bekannte Person. Aber ich habe es erreicht.
00:26:27: Und ich merke auch, dass ganz viele Leute auf der Straße so mit großem Lachen,
00:26:32: großem Lächeln, nein, nicht Lachen, Lächeln irgendwie mich treffen und sagen, ah, das ist die
00:26:37: Nassanin Sandi. Also du bist ein total berühmter Hund oder bunter Hund. Und das war letztes Jahr
00:26:44: dann mit dem Preis erreicht und dann denke ich, okay, jetzt kann ich mich ein bisschen auch zurückziehen
00:26:51: und hinsetzen und die Sachen besser genießen. Ja, es waren einfach 45 Jahre sehr viel Kämpferisches.
00:26:58: Ja. Und wenn wir uns jetzt über die Projekte unterhalten, dann verstehe ich so, dass die Projekte
00:27:05: sozusagen viel deutlicher als die Kunst noch so eine Mission dahinter haben, weil ja auch die Themen,
00:27:13: die du genannt hast, gesellschaftliche, gesellschaftspolitische Themen sind. Ja. Und du,
00:27:19: die mit Geflüchteten oder mit anderen versuchst dann zu bearbeiten, dass da sich im Kleinen
00:27:26: irgendwas zum Besseren wendet. Ja, eindeutig. Hast du schon sehr gut erklärt. Also es ist ein
00:27:35: Riesenunterschied, wenn man in einem Kabuff sitzt und an einer Staffelei irgendwas malt für sich.
00:27:41: Es hat was Tolles dabei. Also hat dieses das innere nach außen Kern. Also das ist eine sehr,
00:27:49: sehr schöne Sache vom Alleine in einem Atelier sein mit seiner Staffelei. Aber die Projekte,
00:27:57: die ich jetzt mache, haben eine andere wunderschöne Seite, finde ich. Und ich arbeite mit ganz,
00:28:03: ganz viele, zum Beispiel Schulen oder mit ganz vielen Erwachsenen. Ich arbeite mit kleinen Kinderkrippen,
00:28:10: Kinder, ich arbeite mit Geflüchteten, ich arbeite mit gemischte Gruppen, Geflüchtete und Deutsche
00:28:15: zusammen und Migrantinnen und Migranten. Und das hat für mich ein sehr, also ein sehr schönen
00:28:22: Geschmack, sagen wir so. Das ist tatsächlich diese kulturelle politische Bildung in der Gesellschaft.
00:28:30: Also dass ich Menschen zusammenbringe, die vielleicht nicht unbedingt zusammenkommen würden. Und
00:28:37: es ist tatsächlich auch das, was ich erlebe. Also ich komme aus meiner, zum Beispiel Neustadtblase
00:28:43: komplett raus, wo alle Leute so ungefähr gleich sind und sich sehr ähnlich sind. Und ich komme an
00:28:49: Schulen mit ganz vielen unterschiedlichen politischen Richtungen und ich habe Schüler von AfD-Familien
00:28:55: ganz eindeutig und oder noch weiter rechts und denke, okay, dann ich habe eine kleine Mission,
00:29:04: wie du vorhin gesagt hast. Also ich bewege vielleicht doch schon irgendwas in der Gesellschaft.
00:29:09: Also ein ganz besonders schönes Projekt, was ich auch wahrgenommen habe, weil sich es ja auch an
00:29:15: die Öffentlichkeit gerichtet hat, war dieses mit dem Buch, wo es um die Stimmenbuch, also wo die
00:29:22: FMora, die neulich hier zu Gast war, auch erzählt hat, wie sie ihre Geschichten dann ausgestaltet hat
00:29:29: im Tandem sozusagen. Eine Frau erzählt ihre Geschichte und die Künstlerin setzt das sozusagen um,
00:29:36: dass man es, das war deine Idee. Ja, also ich muss sagen, die Jahre davor, als wir diese Projekte
00:29:45: gehabt haben mit Elina Pagel, ich habe immer sehr viel gelitten an der Art, wie das aufgebaut wird.
00:29:53: Also man macht ein Projekt, man steckt ganz viel Energie da rein und am Ende muss man so wie eine Art
00:30:00: Dokumentation abgeben und diese Dokumentationen sind total hässliche, für mich war es super hässliche,
00:30:08: nicht gestaltete Broschüren, so geringelte Broschüren und dann habe ich ein Buch in der Hand gehabt,
00:30:18: also meine Schwester hat für meine Töchter ein Buch geschickt und das heißt "Good Night Stories
00:30:24: for Rebel Girls", es ist eine Bestseller auf der ganze Welt geworden und die Idee...
00:30:30: Ich glaube das haben meine Mädels auch. Ja, genau, also es ist tatsächlich ein Buch,
00:30:33: was in ganz ganz vielen Häuser, glaube ich, reingekommen ist, auf ganz vielen Sprachen und ich hatte
00:30:41: dieses Buch in der Hand und da sind, glaube ich, hundert Illustratorinnen, also wenn man es blättert,
00:30:46: dann gibt es eine unglaubliche Vielfalt an Stilen und da dachte ich, oh das wäre toll,
00:30:52: wenn sowas auch in Dresden stattfinden würde, also wenn sowas existieren würde,
00:30:57: ein schönes Objekt, wo man zeigt, dass diese Stadt einfach viel reicher ist als was diese Rechte
00:31:07: in dieser Stadt eigentlich sich wünscht oder was, es war gerade der Anfang von Pegida und dann
00:31:14: wollten wir natürlich irgendwie zeigen, es ist vielfältiger, es ist reicher, es ist toll, dass
00:31:19: unterschiedliche Sprachen hier sind und unterschiedliche Essensgewöhnheiten und tatsächlich
00:31:24: auch unterschiedliche Lebensläufe, also dass man nicht immer aus dem gleichen Kaff kommen muss,
00:31:31: um gut miteinander leben zu können. Ja, ist ja glaube ich sogar fast die Ausnahme,
00:31:36: also wenn man so, wir haben einen gewissen Zeitraum mal eine Familiengeschichte anschaut,
00:31:41: also ich hatte das Privileg, dass da, das ist eine ganz eigene Geschichte, aber ich habe mal
00:31:46: einen wirklich ausgefuchsten Stammbaum bekommen über 120 Jahre und da sieht man, wie sich das in
00:31:55: der ganzen Welt verteilt hat von so einem Schweizer Dorf, wo man denkt, dort ist die Welt noch absolut
00:32:01: in Ordnung, sind die auf drei Kontinente ausgewandert und auch und das ist ja deswegen,
00:32:10: dass die Bewegung ist einfach drinnen, die Bewegung und die Liebe würde ich sagen, warum mischt sich
00:32:17: das dann immer sozusagen, das hat dann wiederum mit der Liebe zu tun, das sind so Antriebskräfte,
00:32:21: da kannst du mit Jammern nichts dagegen setzen einfach, das ist weniger überzeugend. Also meine
00:32:30: 30 Jahre Dresden haben auch mit der Liebe zu tun, also ich bin auch hierher gekommen, weil ich total
00:32:36: mich verliebt habe und ansonsten wäre ich auch glaube ich nach Paris zurückgegangen sehr wahrscheinlich
00:32:41: und das ja genau, also dieses Buch war tatsächlich ein, wie so eine Art Beweis, dass man so mit
00:32:52: Menschen mit unterschiedlichen Sprachen und unterschiedliche Gewöhnheiten trotzdem total
00:32:57: gut im Kontakt und im Dialog kommen kann und das war ein Riesennetzwerk, also wir haben hunderte von
00:33:03: Frauen irgendwie gehabt, die mit uns gearbeitet haben und ja es war eine sehr lange Arbeit, also
00:33:11: in 4,5 Jahre hat dieses Buch gedauert. Also ich habe richtig viel Schweiß und viel Herzensblut
00:33:19: dahin gesteckt und es ist auch nicht alles gut gelaufen, aber jetzt bin ich extrem glücklich,
00:33:25: dass dieses Objekt da ist und diese hässliche Broschüren waren für mich sozusagen den
00:33:34: Ansporen zu sagen, ich möchte ein ästhetisch schönes Stück in der Hand haben, ein Produkt sozusagen
00:33:43: von diesem Projekt, was aber auch toll ist, anzuschauen. Das war gleich am Anfang des Projektes,
00:33:52: meine Idee. Es ist ja auch ein Prozess gewesen, also ich meine, das ist ja, du hast ja auch noch das
00:33:58: per Crowdfunding irgendwie zusammengesammelt, dann die ganzen beteiligten Frauen, dann die
00:34:05: Künstlerinnen, also es ist ja eine, und dann gibt es am Ende das Produkt, was man kaufen kann.
00:34:11: Also die Idee mit dem Crowdfunding war eine extreme Verzweiflungssituation, also wir haben
00:34:20: so viel Begeisterung in der Stadt gehabt, schon davor, so macht das Buch, aber keiner der richtig
00:34:29: irgendwie das finanzieren wollte. Und also diese Fördergelder waren so niedrig und die sind auch
00:34:35: so noch mehrmals gekürzt worden. Ich war richtig schockiert, also wie gesagt, ich bin sehr oft
00:34:42: an der Grenze zum Burnout und zum richtig schreien Verzweiflungsschreihe und dann gab es diese Idee
00:34:50: die Crowdfunding Kampagne zu machen, um überhaupt ein bisschen mehr Geld davon zu kriegen. Es ist
00:34:56: absolut nicht abgedeckt gewesen, was wir an Arbeit reingesteckt haben, aber es war trotzdem ein
00:35:03: bisschen besser, sagen wir so. Okay, ja das ist ein spannender Punkt, aber jetzt habe ich noch
00:35:09: einen anderen spannenden Punkt. Wir müssen ja auch ein bisschen, weil mich interessieren jetzt noch mal
00:35:13: deine Beziehungen zu deinen alten Heimatn. Bist du da noch im Kontakthöhr? Ich wenn du sagst,
00:35:22: du fährst regelmäßig nach Italien und wie beeinflusst dich das jetzt hier? Natürlich auch mit
00:35:29: dem Iran habe ich die Frage, was kannst du da erzählen, was da gerade abgeht und wie könnten
00:35:34: wir den Frauen dort helfen bei ihrem Kampf, aber auch Italien ist ganz spannend mit der Meloni-Regierung,
00:35:40: wo man nicht weiß, wo es hinführt. Also beide Fragen beantworte ich mit dir, also ich habe Kontakt,
00:35:49: sehr viel Kontakt mit dem Iran und ich habe sehr viel Kontakt auch mit Italien und Iran ist für
00:35:56: mich was ganz Neues, also ich hatte einfach jahrzehntelang keinen richtigen Kontakt mit meiner
00:36:02: Familie, also ich habe immer über meine Mutter Nachrichten von meinen Verwandten bekommen und
00:36:08: meine Mutter ist aber verstorben vor 14 Jahren und irgendwann vor ich würde sagen 8, 9 Jahren
00:36:15: hat sich plötzlich mein Vater auch gemeldet, den ich nicht mehr gehört hatte und gesehen hatte
00:36:20: und seitdem ist viel mehr Kontakt mit meiner Familie im Iran, also immer wieder Telefonate. Ich
00:36:27: habe die Schwester meiner Mutter, die sehr, sehr präsent ist oder meine Cousins, die sind präsent
00:36:34: per Telefon und die letzte 2 Jahren mit diesen mit diesen Protesten im Iran war ich sehr aktiv,
00:36:43: auch politisch hier, also ich habe ganz viele Demonstrationen und Ausstellungen mitgemacht,
00:36:49: organisiert als Vorstand im Ausländerrat mit der große Hoffnung irgendwie da hin reisen zu dürfen,
00:36:58: also ich darf nicht in den Iran rein. Ja und die Hoffnung ist eindeutig geschrumpft wieder und es
00:37:07: ist sehr viel Leid auch, also ich habe einfach sehr, sehr viel auch geweint in den letzten 2
00:37:11: Jahren deswegen, dass es nicht funktioniert und vor kurzem, also tatsächlich vor einem Monat ist
00:37:19: mein Vater, ne vor zwei Monaten mittlerweile ist er schon, mein Vater gestorben im Iran und ich
00:37:25: konnte ihn nie mehr sehen, also ich kenne ihn nicht, ich war zweieinhalb Jahre alt das letzte Mal,
00:37:31: dass ich ihn gesehen habe und wir hatten beide die Hoffnung, dass wir es schaffen,
00:37:35: irgendwann um zu sehen. Das hat nicht geklappt und das ist eine Sorge, die ganz, ganz viele Leute haben,
00:37:41: also Geflüchtete, die ich kenne, Tausende Geflüchtete, die ich kenne, haben diese Sorge, dass sie
00:37:47: für Wandschaften nicht mehr sehen werden, weil sie immer älter werden oder weil sie krank werden
00:37:52: und sterben und man darf aber nicht in dem Land wieder rein reisen. Genau, das ist mir jetzt passiert
00:37:59: und ja und mit Italien habe ich total also einen ganz, ganz engen Kontakt, also es gibt auch sehr
00:38:07: viele Projekte für die Zukunft, ob wir alle zusammen so wie eine Art kleine Kommune machen,
00:38:14: irgendwo in der Truskane, mit meiner Klasse aus der Grundschule, weil ich tatsächlich auch merke,
00:38:23: dass ich mit dem Alter immer weniger klarkomme mit dieser schlechten Laune in Dresden und mit der
00:38:28: Temperatur draußen und dann denke ich, okay, möchte ich hier, also ich bin schon alt, möchte ich
00:38:34: älter werden hier, weiß ich noch nicht. Das steht noch offen. Die Fragestellung, die kenne ich gut.
00:38:40: Ja, danke für deine Offenheit und das sind natürlich auch sehr traurige Zustände, denen wir
00:38:55: hier in Deutschland mehr oder weniger, so empfinde ich es auch, viel zu sehr zusehen einfach und die
00:39:01: laufen lassen und beobachten und schon froh sind, wenn es überhaupt, wenn überhaupt berichtet wird,
00:39:07: aber die unmittelbare, sage ich mal Gewalt, die der Iran gegen seine eigenen Bürgerinnen ausübt
00:39:17: und diese Schikane eben Familien nicht zueinander zu lassen und so weiter und so viele Leute in
00:39:27: die Flucht zu treiben, das ist natürlich eigentlich kein haltbarer Zustand. Ich habe auch eine Reihe
00:39:34: mit der sächsische Landeszentrale für politische Bildung, das hat letztes Jahr angefangen und es
00:39:38: geht um meine Familie zum Beispiel. Also ich zeige tatsächlich persönliche Fotos und dann ist ein
00:39:44: Journalist, Jan Teurig, der das Ganze moderiert und er erzählt die Geschichte des Landes und dieses
00:39:51: Format hat so viel Erfolg gehabt, dass wir jetzt schon in der dritte, wie heißt das, Staffel,
00:39:59: tatsächlich, es ist jetzt in so einer dritten Staffel durch ganz Sachsen Touren mit dem Vortrag
00:40:05: und ja es ist eindeutig ein aktuelles Thema, gerade weil politisch extrem Unterdrückung
00:40:14: stattfindet in dem Iran. Wie heißt der Kampfruf? Auf Persisch.
00:40:25: Danke, das gehört zu haben. Und was mich aber trotzdem jetzt auch ganz stark beeindruckt ist,
00:40:33: du sagst selber vom Kampf, den du da hattest gegen die Excel-Tabellen und die Sachberichte,
00:40:41: aber auch mit dem Weg zu finden, politisch wirksam sich zu fühlen und das ist sicherlich auch
00:40:55: häufig an die Grenze und auch über die Grenze gegangen und woher kriegst du dann die Kraft,
00:41:02: das doch weiterzumachen und neue Ideen zu haben und Freude und dich nicht vom Jammern oder dann
00:41:10: aufs Jammern auch selber mal zu kommen? Das ist eine sehr, sehr spannende Frage, weil ich den ganzen
00:41:15: Vormittag das Thema hatte. Ja, die letzte Jahre habe ich sehr oft auch gejammert und auch sehr,
00:41:23: oft sehr laut auch in der Stadt Dresden. Also ich bin glaube ich nicht so beliebt überall, wo
00:41:29: ich hinkomme, weil ich überall gesagt habe, dass was mit Künstler gemacht wird hier ist nicht in
00:41:35: Ordnung. Aber ich versuche tatsächlich, also ich glaube ich bin tatsächlich innerlich eine Person,
00:41:41: die jede Früh aufsteht und trotzdem gute Laune hat und sehr, sehr viel Lust am genießen und schöne
00:41:50: Sachen machen. Ich glaube das ist einfach die Kraft, die ich habe, dann weiterzumachen. Also ich
00:41:55: mag Kunst sehr, ich mag mit Menschen in Kontakt zu kommen, ich mag mit Kindern zu sein und dann
00:42:05: glaube ich schon, dass diese Mischung, diese Kombination, die ich gefunden habe einfach toll
00:42:09: ist und wenn ich diese Verzweiflung habe hier, dass es schrecklich bezahlt ist, dass ich einfach
00:42:15: nicht weiterkomme, dass das politisch trotzdem die Stadt gerade sehr nach, auch nach rechts driftet,
00:42:22: stehe ich aber trotzdem auf und denke, ah, es waren, gestern hatte ich trotzdem so wunderschöne
00:42:27: Begegnungen und die Kinder waren glücklich und ich bin meistens schlecht, sorry, gut gelaunt und deswegen,
00:42:35: ja, ich glaube das ist die, das ist die Kraft zum weitermachen. Kleine Schritte. Kleine Schritte,
00:42:43: ja, eindeutig kleine Schritte. Ja, dafür ist Dresden ja wiederum auch eigentlich gar nicht so
00:42:50: ungeeignet für die kleinen Schritte. Das stimmt, das stimmt. Also sind sehr, sehr schöne, auch kleine
00:42:56: Kreise im sexischen Umland, wo man ankommt und wo tolle Menschen sind, die ja sehr engagiert sind
00:43:06: und ganz, ganz liebevoll das alles machen und das habe ich an jedem Ort gefunden, deswegen dachte ich,
00:43:12: das ist sehr schön. Na, ich würde sagen mit diesen ermutigenden und schönen Worten können wir auch
00:43:23: unsere diese Podcastfolge beschließen und auf Wiedersehen sagen. Ja, danke, auf Wiedersehen,
00:43:30: danke Magnus für diese Möglichkeit. Na klar.